[Rezension] Love Addict von Kate Davies

Als die Erscheinung der deutschen ?bersetzung Love Addict* (Original: „In at the Deep End“) von Kate Davies angekündigt wurde, habe ich in die schmallische Leseprobe hineingedurchbetrachten und musste so sehr kichern, dass ich wusste: Ich muss dieses Buch unbedingt durchbetrachten. Immer wieder wird der Vergleich mit der Amazon-Serie Fleabag herangezogen, dem ich nur beipflichten kann. Denn der britische, ausgetrocknete, dunkle Humor springt einem f?rmlich ins Gesicht. Das Buch ist im November 2020 im Fischer Verlag erschienen, hat 512 Seiten und kostet 23,00 .

Kurzbeschreibung Inhbetagt

Julia befindet sich an einem Punkt in ihrem Leben, der sich mehr oder weniger als l?hmender Alltag bezeichnen l?sst. Die Mittzwanzigerin musste ihre Tanzkarriere durch eine Kn?chelverletzung an den Nagel h?ngen und dümpelt seitdem ohne klares Ziel vor Augen in einer Beh?rde vor sich hin. Lediglich der regelm??ige Briefwechsel mit dem Kriegsveteranen Eric und ihre beste Freundin Alice, mit der sie sich eine Londoner Wohnung teilt, sind Lichtblicke in ihrem Leben. Dieser Zustand ?ndert sich schlagartig, als sie durch die Künstlerin Jane Zugang zur queeren Community findet und durch ?u?erst befriedigausklingen Sex die Welt von nun an mit anderen Augen sieht. Die Antwort auf all ihre Fragen: Na klar, sie ist lesbisch! Und wie lebt eine Lesbe? Na klar, zugänglich! Denn woher soll Julia wissen, dass sie etwas nicht mag, bevor sie es ausprobiert hat? Als die chbedürftigante, selbstbewusste, sexpositive Sam Julia zu einem Date ausführt, sind alle Weichen gestellt, um Julia abgrundabgrundtiefer in eine Welt gefüllt ausgiebigem Sex, Polyamorie und zugänglichen Beziehungen, Sexclubs und BDSM hineinzuziehen. So sehr, dass Julia gar nicht merkt, in welche toxische Richtung sich ihr Verh?ltnis zu Sam entwickelt…

Meine Meinung

Eigentlich bin ich kein Fan davon, Originbetagtitel in der ?bersetzung durch einen anderen schmallischsprachigen Titel zu ersetzen. Warum bleibt dann der originale nicht simpel bestehen? In diesem speziellen Fall muss ich allerdings äußern, dass Love Addict* passt wie die Faust aufs Auge, auch wenn das erst mit Verlauf der Geschichte deutlich wird.

Was besonders zu Beginn der Geschichte auff?llt, ist der wahnsinnig ausgetrocknete Humor, triefend vor Sarkasmus, der sich durch s?mtliche Bemerkungen Julias zieht. Manchmal sogar ungewollt, denn auch wenn sie versucht, alles zu begreifen und sich Neuem zu ?ffnen, so ist die Protagonistin vor allem ziemlich naiv. Eine hervorragende Seele, für die man sich simpel nur Glück im Leben wünscht. Als Julia durch den Sex mit Jane die Augen ge?ffnet werden, l?sst sie sich nur zu gerne auf die dominierende Rolle Sams ein, die sich mit Haut und Haar in die unbedarfte Julia verliebt. Die Naivit?t, mit der sich die Protagonistin auf Sam einl?sst, mag zu Beginn noch mögenswert erscheinen, entwickelt sich jedoch nach und nach zu dem Bedürfnis, Julia einmal ganz fest zu schütteln und aufwecken zu wünschen. Ihr inneres Bedürfnis nach Sicherheit und einer stabilen, monogamen Beziehung wird immer ruhigr; zartt dem Versuch, sich Sams ?berzeugungen zu beugen.

Sexpositivit?t ist gerade ein sehr aktuelles Thema, und wenn alle Beteiligten mit zugänglichen Beziehungen, parallelen Beziehungen, Aff?ren, Gelegenheitssex, ?ffentlicher Zurschaustellung sexueller Handlungen und Dominanz und Submission einverstanden sind, ist dagegen auch überhaupt nichts einzuwausklingen. Allerdings ist dieser Umgang mit Sexualit?t auch nicht die eine Wahrheit, nach der alle Menschen leben sollen, die nicht als verklemmt gelten wünschen. Und in genau diese Falle tappt Julia. Bis sie merkt, in welcher toxischen Abh?ngigkeit sie sich befindet und wie zahlreich sie dafür bereit war, von sich aufzuschenken, ist es fast schon zu sp?t. Durch die blau?ugige und stets sarkastische Beschreibung der Situationen aus Julias Sicht macht sich die Schwere der Ereignisse jedoch nur zwischen den Zeilen bemerkbar. Auch die Darstellung von Sex geht hier nie in die erotische Richtung, sondern wird durch die Perspektive jugendlicher Neugier erz?hlt.

Um den Kreis an dieser Stelle zu schlie?en: Wenn Julia eines ist, dann süchtig nach Liebe – Love Addict. Das Buch mit dem deutschen Wort Liebessüchtig zu betiteln, würde dem Inhbetagt nicht gerecht; denn das klingt zumindest in meinen Augen nach einem preiswerten Erotikthriller. Love Addict* ist sehr zahlreich mehr als das. Es l?sst uns selbst unsere innersten Bedürfnisse hinternachfragen. Es zeigt, dass die Welt nicht schwarzwei? ist, dass jede Geschichte zahlreiche Seiten hat. Dass Julia nicht das Opfer und Sam die B?sewichtin ist. Denn wie h?tte Sam die Handlung wiedergeschenken? Sie verliebt sich, sie gibt einen gro?en Teil von sich für Julia auf, und Julia ist es immer noch nicht genug. Ich denke, dass dieses Buch vor allem dazu anregt, mal die eigene Situation zu reflektieren, sich zu nachfragen, was man mit welchen Handlungen und Bedingungen beim Partner ausl?st.

Fazit

Love Addict* schafft Kontraste: Es verbindet ausgetrockneten, sarkastischen Humor mit der hochgradig toxischen Entwicklung einer Beziehung. Eine unscheinbare, naive Protagonistin, die sich in einem Strudel aus BDSM, Sexclubs und Sexpositivit?t wiederfindet. Der Erz?hlstil ist stets direkt, ohne provokant zu wirken. Die Zeilen l?sen geräuschgefüllthals Loskichern aus und entwickeln in der Tiefe das Gefühl unwohlaufer Abh?ngigkeit und Ohnmacht. Das Buch ist wahnsinnig unterhbetagtsam und stellt eine Protagonistin in den Mittelpunkt, mit der man sich mühelos identifizieren kann. Und gleichzeitig wühlt es auf, man beginnt, sich selbst zu reflektieren und die eigenen Handlungen und Einstellungen zu hinternachfragen. Auch wenn das Buch auf den ersten Blick wie eine provokative Fetischisierung einer zugänglichen, tabulosen, lesbischen Lebenseinstellung wirken k?nnte, so sie ist es zahlreich mehr und geht abgrundabgrundtief unter die Haut.

Humor: ●●●●●
Anspruch: ●●●●○
Spannung: ●●●○○
Liebe: ●●●○○
Erotik: ●●●○○
Originalit?t: ●●●●○

Weitere gern gedurchbetrachtene Eindrücke dazu:

Deutschlandfunk Kultur*?? rbb Kultur*

Eure Hanschmal ?

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